Es ist Sommer und für viele, die verreisen, gehört der Kauf einer Postkarte fest zum Urlaub dazu – ob als Gruß an Bekannte oder als eigenes Souvenir. Ihre eigentliche Blütezeit hatte die Postkarte allerdings noch bevor Tourismus im heutigen Sinne für die Mehrheit der Bevölkerung zugänglich war, als sie vor allem zur Übermittlung von spontanen Kurznachrichten und als Feldpost eingesetzt wurde.
Bereits ab 1870 wurden in Deutschland offene Sendungen verschickt, die auf der Vorderseite ein Text- und auf der Rückseite ein Adressfeld hatten1. Fast 30 Jahre später kam die Idee auf, die Postkarten mit Bildern zu bedrucken und es entstanden Verlage, die sich allein auf die Herstellung dieser spezialisierten. Zu ihnen gehörte auch der Dresdner Kunstverlag Nenke & Ostermaier aus dessen Produktion dem Stadtmuseum dank einer Schenkung eine Sammlung mit knapp 6500 Postkarten vorliegt.


Nenke & Ostermaier – Aus Striesen in die Welt
Die Firma Nenke & Ostermaier existierte ab 1894. Otto Nenke (1859 – 1943) hatte 1891 die Druckerei Nenke & Rolle in Dresden Striesen mitgegründet und nachdem sein Geschäftspartner die Firma 1894 verließ, trat an dessen Stelle der Münchner Josef Ostermaier (1864 – 1927) ein, ein ausgebildeter Drogist und Kaufmann sowie Fotograf mit ausgeprägtem naturkundlichem Interesse. Der neu firmierte Kunstverlag Nenke & Ostermaier, welcher seinen Sitz ab 1895 in der Kyffhäuser Straße 29 und 31 in Dresden hatte, beschäftigte sich zunächst mit der Anfertigung von Naturfarben-Fotografien im Photochrom-Verfahren, bevor er 1898 in die Herstellung von Postkarten einstieg. In den darauffolgenden Jahren florierte das Geschäft und es gab viele Aufträge aus dem Ausland, vor allem aus den USA.
Der erste Weltkrieg und die Jahre danach brachten allerdings starke Rückschläge. Nachdem Otto Nenke 1920 aus dem Kunstverlag austrat, wurde Josef Ostermaiers Schwiegersohn Hermann Hartung Mitinhaber. 1927 starb Josef Ostermaier. Er war bereits 1883 und auch weiterhin neben seiner Verlagstätigkeit engagiertes Mitglied in mehreren Vereinen für Heimat- und Naturschutz sowohl im alpinen Raum als auch in Sachsen gewesen. Für seine Naturfotografien erhielt er 1909 bei der Internationalen Photographischen Ausstellung in Dresden die goldene Medaille in der wissenschaftlichen Abteilung. Nach seinem Tod wurden Josef Ostermaiers Kinder Hans und Margarethe Teilhaber von Nenke & Ostermaier, bis das Betriebsgebäude am 13. Februar 1945 im Zuge der Luftangriffe auf Dresden niederbrannte. Danach wurde nur noch das Verlagsgeschäft unter der Leitung von Hermann Hartung wieder in Betrieb genommen und nach dessen Tod 1963 die Firma Nenke & Ostermaier endgültig aufgelöst.
Ein neuartiges Druckverfahren
Eine Besonderheit der Postkarten war die Verwendung des neuartigen Photochromdrucks. Dieses aufwändige Flachdruckverfahren wurde in den 1880er-Jahren von dem Züricher Lithografen Hans Jakob Schmid entwickelt und ermöglichte erstmals die Darstellung von Motiven in naturnahen Farben. Als Grundlage dienten Schwarz-Weiß-Fotografien – bei Nenke & Ostermaier stammten diese oft von Josef Ostermaier selbst. Das Fotonegativ wurde auf einen Druckstein übertragen, der vorher mit einer lichtempfindlichen Asphaltschicht überzogen wurde. Für jede zu druckende Farbe musste eine neue Steinplatte belichtet werden, wobei die Farbgebung der Vorstellungskraft der Drucker:innen entsprang oder sich an bestehenden Publikationen orientierte. Die behandelten Platten – in der Regel waren es mindestens 12 – wurden nacheinander mit der entsprechenden Farbe auf das Papier gedruckt, wodurch das fertige kolorierte Bild entstand.


Auf der einen Seite: Die Motive
Etwa zwei Drittel des Postkartenkonvoluts zeigen Landschaftsbilder. Bei dem Rest handelt es sich um botanische Motive sowie einige Karten, die im Auftrag für andere Verlage gefertigt wurden oder aus Sonderserien stammen. Insgesamt deckt die umfangreiche Sammlung so das im eigenen Verlag erschienene Sortiment von Nenke & Ostermaier fast lückenlos ab. Die Postkarten wurden in Serien mit bis zu 12 Stück verkauft, jede Serie mit einem bestimmten, teilweise wiederkehrenden, Thema. Besonders oft kommen unter den topographischen Karten zum Beispiel Serien vor, die thematisch eine bestimmte Jahreszeit widerspiegeln. Als grundlegende Fotomotive hierfür wurden vor allem Landschaften und Gemeinden rund um Dresden gewählt. Einigen Regionen, wie der Sächsischen Schweiz, dem Erzgebirge und Dresden, wurden allerdings auch eine oder mehrere eigene Serien gewidmet. Neben sächsischen Motiven finden sich aber ebenfalls Ansichten aus ganz Deutschland: aus Oberbayern, der Nordseeküste und der Lüneburger Heide, sowie aus verschiedenen anderen europäischen Ländern, darunter den Niederlanden, Italien und Frankreich. Die botanischen Karten zeigen vornehmlich Blumen, zum Teil ebenfalls nach Saison gegliedert. Darüber hinaus sind Alpenblumen ein wiederkehrendes Motiv, aber auch andere Pflanzen, wie Rosen, Chrysanthemen oder verschiedene Obstsorten.

Auf der anderen Seite: Die Mitteilungen
Während die Vorderseiten der Karten interessante Eindrücke aus Städten und Landschaften von vor über 100 Jahren zeigen, gewähren die Rückseiten Einblicke in die privaten Konversationen der Menschen aus dieser Zeit. Schätzungsweise ein Drittel der Postkarten aus der Sammlung von Nenke & Ostermaier sind beschrieben und wurden versendet.
Die ältesten der gelaufenen Karten wurden bereits um 1900 verschickt, einige wenige sogar noch in den 1990ern. Die Postkarten waren ursprünglich noch anders gegliedert als heute: Auf der Vorderseite befand sich die Abbildung und auf der Rückseite nur ein großes Adressfeld. Falls mit der Karte Mitteilungen versendet werden sollten, musste dafür am Rande des Motives Platz gefunden werden. 1905 wurde dann offiziell ein Textfeld auf der Rückseite eingeführt. Genutzt wurde dieses auch damals schon vor allem, um Grüße zu versenden. Jedoch nicht die für heute typischen Urlaubsgrüße. Weite Reisen waren zur Zeit der Jahrhundertwende, vor allem durch die Fortschritte im Bahnverkehr, zwar möglich, aber enorm teuer und blieben so bis nach dem Zweiten Weltkrieg ein Privileg der obersten Schicht der Gesellschaft. An Anlässen zum Versenden von Grüßen mangelte es trotzdem nicht: Geburtstage, Feiertage, oder eben „einfach so“. Schließlich war der postalische Weg lange Zeit die einzige Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu bleiben, die sich nicht in der unmittelbaren Nähe befanden.


Die Postkarte wurde als kürzere und billigere Alternative zu Briefen genutzt. Ein großer Unterschied war neben dem begrenzten Platz insbesondere der offene Versand, was dazu führte, dass die Inhalte in der Regel knapp auf das Wichtigste reduziert und ohne ausführende persönliche Details ausfielen. Eine Ausnahme hierbei stellen solche Postkarten dar, auf denen sich nur Text befindet, weder Adresse noch Frankierung, und welche somit wahrscheinlich wie ein Brief im Umschlag verschickt wurden. Es gab aber auch andere Wege, um die Mitteilungen privat zu halten: Einige Karten wurden zum Beispiel mit verschlüsseltem Alphabet oder in Stenografie geschrieben. Ein Zweck, für den sich das Format der Postkarte sehr gut eignete, war das Treffen von Verabredungen. Auf vielen Karten werden Besuche angekündigt, Ankunftszeiten durchgegeben oder Treffpunkte vereinbart. Was heute schwer vorstellbar ist: Zum Teil beziehen sich diese sogar noch auf den selbigen Tag, was möglich war, da die Postauslieferung in Städten oft dreimal pro Tag erfolgte. Andere Gründe zum Verschicken von Postkarten waren zum Beispiel die Motive auf der Vorderseite, welche aufgrund der Neuheit von colorierten Bildern schnell zum Sammelobjekt wurden oder auch lediglich die Überbrückung der Zeit zwischen den deutlich längeren und aufwändigeren Briefen. So finden sich auf einigen Karten Bemerkungen ähnlich wie „Brief folgt!“

Eine ganz neue Bedeutung bekamen Postkarten mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Als Feldpost dienten sie nun vor allem der Kommunikation zwischen Soldaten und ihren Familien, insbesondere um regelmäßig kurze Lebenszeichen zu senden. Die schwierige Wirtschaftslage nach dem Ersten Weltkrieg trug mit zur abnehmenden Beliebtheit der Postkarten bei. Trotzdem wurden sie noch weiterhin verschickt, größtenteils aus den gleichen Anlässen wie zuvor, sogar erneut während des Zweiten Weltkriegs als Feldpost, wenn auch deutliche seltener.
Insgesamt ermöglicht die Sammlung des Verlags Nenke & Ostermaier faszinierende und vielschichtige Eindrücke in die Geschichte der Postkarte als weitverbreitetes Kommunikationsmittel mit künstlerischem Anspruch. Zwar hat sich ihre Bedeutung gewandelt – war sie früher ein Standardmedium für alltägliche Mitteilungen, wird sie heute deutlich seltener und bewusster eingesetzt – jedoch hat sie, vor allem durch ihre starke Assoziation mit Urlaub und Reisen, ihren Platz in der Gesellschaft nicht verloren.
- Im engeren Sinne werden nur diese Karten als „Postkarten“ bezeichnet, Karten mit Bildern auf der Vorderseite hingegen als „Ansichtskarten“. Der Einfachheit halber wird im Text weiterhin nur von „Postkarten“ die Rede sein. ↩︎
Literatur
Dietrich Buschbeck: Der Blasewitzer „Kunstanstalt“ Nenke & Ostermaier auf der Spur, in: Elbhang-Kurier 4/2022, S. 30/31
Klaus Wachtel: Josef Ostermaier, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde. https://saebi.isgv.de/biografie/Josef_Ostermaier_(1864-1927) [Zugriff: 28.07.2025]
Dominik Landwehr: Farbige Belle-Epoque. https://blog.nationalmuseum.ch/2020/12/photochrom/ [Zugriff: 28.07.2025]
Karl Bott: Handwörterbuch des Kaufmanns. Hamburg 1927.
Museum für Kommunikation Berlin: Mehr als Worte. 150 Jahre Postkartengrüße. https://www.ausstellung-postkarte.de/ [Zugriff: 28.07.2025]
Birgit Staack, Franziska Schüßler: Die ganze Welt im Wohnzimmer. Die Geschichte der Postkarte. https://www.shmh.de/journal-die-geschichte-der-postkarte/ [Zugriff: 28.07.2025]