In den Museen der Stadt Dresden befinden sich Restaurierungswerkstätten für die Materialgruppen Holz, Metall und Textil. Die Aufgaben der RestauratorInnen beschränkt sich nicht nur auf die Restaurierung von Objekten. Wichtig sind auch die Mitarbeit bei Ausstellungsauf- und abbau. Die Exponate müssen für ihre Präsentation sichernde Stützen oder Befestigungen bekommen. Es muss auf Klima- und Lichtverhältnisse geachtet werden. Bei Leihnahmen und Leihgaben sind sie für die Erstellung von Zustandsprotokollen verantwortlich. Objekte für die Textilrestaurierung sind z.B. Kleidung, textile Accessoires, Grabfunde, Tapeten und in großer Vielfalt Fahnen.

Fahnen[1] waren und sind noch immer und in den meisten Regionen der Welt symbolträchtige Objekte verschiedener Vereinigungen; es gibt Militär-, Vereins- und Handwerkerfahnen sowie Fahnen mit politischem oder religiösem Hintergrund. Als Ausdruck ihrer Wertigkeit werden sie sogar geweiht, bevor sie ihrer Bestimmung übergeben werden.

Am 10. Oktober 2017 schenkten die Altmeister der ehemaligen Innung der Tapezierer und Dekorateure dem Stadtmuseum Dresden eine Innungsfahne. Die Dresdner Altmeister der ehemaligen Innung Karlfried Bisch-Chandaroff, Gerhard Weichelt und Steffen Dietz übergaben sie zusammen mit Fahnenstange, einer Bannerschleife und einer Festschrift von 1934. Die Schenkungsurkunde erhielt Altmeister Karlfried Bisch-Chandaroff stellvertretend für alle Altmeister aus den Händen von Dr. Holger Starke (Kustos Stadtmuseum Dresden). Für die notwendig gewordene Restaurierung stiftete die SIGNAL IDUNA 1000 Euro. Die Restaurierung wurde in der Textilrestaurierungswerkstatt der Museen der Stadt Dresden ausgeführt.

[1] Eine Fahne ist ein für eine bestimmte Menschengruppe geltendes, speziell gestaltetes Stück Stoff, das fest oder flexibel an einer Stange befestigt ist. Es handelt sich, im Gegensatz zu einem Banner, um ein Einzelstück. Laut Deutscher Gesellschaft für Fahnenkunde e.V. verschwimmen heute die Begriffe „Fahne“ und „Flagge“. Ihr Gebrauch ist eher regional geprägt.

Bericht zur Restaurierung

I. Kurzbeschreibung der Fahne

Schematische Darstellung zur Beschreibung von Fahnen – hier abgebildet ist die Vorderseite

Die Fahne (ca. 139cm lang x 126cm breit/ hoch[1]) ist eine Doppelblattfahne, bestehend aus zwei separat gestalteten Fahnenblättern, die an drei Seiten mit Fransen besetzt ist. Die vierte Seite (das Liek) ist mit Borte besetzt. An diese Seite sind auf bzw. durch die Borte 10 Metallringe zum Anbringen an die Fahnenstange angenäht. Die Fahnenblätter sind aus goldgelber Seide mit einem umlaufend angenähten schwarzen Rand aus Kunstseide. Die Motive sind von Hand mit Seidenfäden und Soutache[2] gestickt.

[1] gemessen wird gemäß der DGfF e.V. ab Fahnenstange

[2] Soutache ist eine Art Band, bei dem zwei Fadenbündel im Achtergang miteinander verflochten werden. Es ist sehr flexibel.

Die Fahnenblätter waren teilweise mit Nähmaschine, teils von Hand – gemeinsam mit dem Annähen der Fransenborte – zusammengenäht. Auf der Vorderseite mittig sind auf kreisförmigem Fond das Stadtwappen von Dresden (im Renaissancestil, um 1920), darüber der Schriftzug „Tapezierer-Zwangs-Innung“, darunter das Gründungsjahr der Innung der Täschner und Tapezierer 1784 (links) und das Jubiläumsjahr 1924 (rechts) abgebildet.

Das Mittelmotiv auf der Rückseite ist ein einfaches schildförmiges Tapeziererwappen (Hammer, Zirkel, Kneifzange, Schere, Wappenform = spanisch/portugiesisch), um dessen Bogenkante eine Eichenlaubgirlande gelegt ist. Darüber und darunter ist der Schriftzug „Solang das deutsche Handwerk blüht – blüht auch das deutsche Land“. Die Schrift ist in der Schriftart „Fraktur“ gestaltet.

Die Mittelmotive beider Fahnenblätter schließen jeweils mit hellgoldfarbenen Flechtbändern ab. Diese sind an beiden Seiten zusätzlich mit hellgoldfarbenen Schnuren (leonische Fäden[1]) begrenzt. Die mit stilisierten floralen Formen und Konturen gestalteten Fahnenblattecken und Umrandungen gleichen sich auf Vorder- und Rückseite.

[1] leonische Fäden = mit Metallfäden (plattgewalzte Metalldrähte) umwickelte Textilfäden (sog. Seele) oder feine Gold- und Silberdrähte, versilberte und vergoldete Kupferdrähte, goldfarben vermessingte Kupferdrähte und die daraus hergestellten Produkte

Beide Fahnenblätter sind jeweils mit Baumwollgewebe unterlegt. Es diente der Stabilität beim Sticken.

Unterlegtes helles Baumwollgewebe zum Stabilisieren des Fahnentuchs für die Stickerei

Die Fransen sind goldfarben. Sie sind aus plattgewalztem spiralförmig aufgedrehtem Metalldraht hergestellt, der auf einen Faden aufgefädelt und zur Stengelfranse verdrillt ist. Die Kopfborte ist aus gelbem Baumwollfaden, leonischen Fäden und Lahn gewebt.

Franse mit Kopfborte

II. Ziele und Möglichkeiten der Restaurierung der Fahne

Die Fahne soll in einen stabilen Zustand gebracht werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie „wie neu“ aussehen wird. Das Alter und die Spuren der Benutzung, die im weiteren Bestand nicht schaden können, gehören, im Gegensatz zu absichtlichen Veränderungen, zum Objekt und seiner Geschichte. Die Ergänzung ausgefallener Stickerei und die Neuanfertigung des fehlenden zweiten Endstücks an der Rute sind deshalb nicht erforderlich. 

Die Schäden, die die Stabilität der Fahne beeinträchtigen bzw. Schäden vergrößern oder weitere hervorrufen können, müssen jedoch restauriert und die dafür notwendigen Arbeiten so ausgeführt werden, dass die Fahne für künftige Ausstellungen vorbereitet ist. So müssen zur Wiederherstellung der Stabilität die Fahnenblätter vollständig mit neuem Stützgewebe unterlegt und mit diesem verbunden werden. Dadurch können das Gewicht und die damit verbundenen Kräfte vom Stützgewebe übernommen und künftig Schäden abgewendet werden. Falten müssen so gut wie möglich glattgelegt werden.

Die Aufhängung soll wieder in ihren originalen Zustand gebracht werden. Um bei künftiger hängender Präsentation Schäden zu vermeiden, wird eine Holzleiste eingearbeitet, die die punktuell über die Ringe verursachten Zugkräfte verhindert.

Die bei einer früheren Restaurierung erfolgten Erneuerungen der Mittelfelder beider Fahnenseiten sind nicht mehr rückgängig zu machen, müssen aber optimiert werden. Die jetzige Ausführung kann Schäden verursachen (Vorderseite) bzw. verändert die Darstellung (Rückseite).

III. Zustand und dessen mutmaßlicher Ursprung

1. Alters- oder benutzungsbedingte Veränderungen – Gewebe und Stickerei

Die Fahne hat viele in Leserichtung verlaufende Risse. Die Häufigkeit der Benutzung, die Schwere der Stickerei und veränderte Präsentationsrichtung sind sicher deren Ursache.

Querverlaufender Riss

Andere Risse entstanden entlang von Falten im Tuch und sind ebenfalls der vielfachen Benutzung geschuldet. Das Gewebe wurde an solchen Partien abgerieben. Die Falten selbst entstanden jedoch herstellungsbedingt. Das Gewebe, welches zur Stabilisierung für die Stickerei unterlegt wurde, zog sich durch klimatische Schwankungen (Feuchtigkeitsunterschiede) irreversibel zusammen und auf dem darüber liegenden Seidengewebe bildeten sich Falten.

Faltenbildung und abgeriebene Faltenkanten

Auch durch das Sticken wurde an einigen Stellen das Seidengewebe zusammengezogen. Dies kann allerdings nicht gemildert werden.

An der Stickerei der Blätter ist das Seidengewebe zusammengezogen.

Stickfadenverluste finden sich an verschiedenen Partien der Stickereien, die Ablesbarkeit ist jedoch auch ohne Ergänzungen gegeben.

Ausgefallene Stickfäden am Scherengriff

Die Nähfäden aus Seide sind an einigen Stellen der aufgenähten Soutache sehr brüchig und müssen teilweise übernäht oder ergänzt werden. Dunkle „Strichabdrücke“ auf der Soutache entstanden, weil die Farbe der Soutache hier durch deren Aufnähfäden vor Ausbleichen geschützt war. Jetzt markieren sie die ausgefallenen oder abgeriebenen Fäden. Dieser Zustand ist dem chemischen Abbau der Seidenfasern geschuldet – auch Klima und Licht bewirken den Zerfall der Fasern.

Die dunklen „Strichabdrücke“ auf der Soutache

2. Alters- oder benutzungsbedingte Veränderungen – Borte und Fransen

An der oberen Ecke ist die Borte, möglicherweise durch Zugbelastung oder unvorsichtiges Abtrennen einer Aufhängung, stark beschädigt. Sie ist um die Kante gelegt, nicht zerschnitten.

Beschädigte Borte

Die Fransenborte (Stengelfranse mit Kopfborte) ist relativ gut erhalten. Es fehlen nur wenige Fransenstengel. Restauratorische Maßnahmen oder Ergänzungen sind nicht notwendig.

Fransenborte mit kleinen Schäden

3. Veränderung bzw. frühere Bearbeitung

Welche Veränderungen bei der vorherigen Restaurierung am Objekt vorgenommen wurden und welche auf diese zurückzuführen sind, kann nur anhand der Spuren vermutet werden. Eine Dokumentation liegt nicht vor.

Die Aufhängerichtung wurde zugunsten der Ablesbarkeit des Fahnentextes verändert; die gemeinsam an einer Seite vorgefundenen Ringe zur Befestigung an der Fahnenstange und gleichzeitiges Vorhandensein einer Fransenborte an der Oberkante der Fahne ist ungewöhnlich und weist auf diese Veränderung hin. Die Nähfäden und die Art des Zusammennähens dieser Fahnenseite unterscheiden sich von der Nähweise der restlichen Fahne. Anhand der Spuren erkennt man, dass diese Fahnenseite aufgetrennt war. Hier ist außerdem ein Gewebestreifen mit Nähmaschine aufgenäht worden, der zur Stabilisierung der neugeschaffenen Aufhängung dienen sollte.

Betrachtet man die Bortenkanten (Fahnenstangenseite „Liek“), ist anhand der Nahtspuren eindeutig davon auszugehen, dass die ursprüngliche Befestigung an der Fahnenstangenrute mit nur vier Ringen erfolgte.

Ob die Ringe tatsächlich direkt an der Borte befestigt oder in Bänder gezogen waren, die zwischen die Borte genäht waren, ist nicht mehr genau nachweisbar. Allerdings gibt es Hinweise dafür. Der Nutzung von Bändern widerspricht jedoch, dass beim Zusammennähen der Bortenoberkanten eine durchgehende Naht vorhanden ist. Die sich jetzt an der Fahne befindlichen Ringe sind demnach – schon mit der Anzahl begründbar – nicht original.  

Die Nähmaschinennaht an der Oberkante der Fahne liegt überder von Hand angenähten Fransenborte.

Die Stickereien der Mittelmotive wurden von ihrem originalen Fondgewebe (beige Seide, die wohl sehr desolat war) ausgeschnitten und in unterschiedlicher Weise auf ein neues Untergrundgewebe genäht. Im Fall des Stadtwappens hat sich das neu unterlegte Gewebe allerdings an einigen Bereichen sehr verzogen. Möglicherweise war es zu knapp oder in falscher Richtung zugeschnitten worden.

Umgeklappte Schnittkante und Binnenflächen
Die ausgeschnittene Stickerei wurde mit kleinen, graufarbenen Stichen auf das neue Gewebe genäht.
Das neue Gewebe hatte sich verzogen. Es ist hier schon abgetrennt – die Vorzeichnung kommt zum Vorschein.

Unter dem Stadtwappen ist das Fahnentuch faltig. Die sich ergebenden Spannungen können Ursache für das verzogene Gewebe sein.

Falten innerhalb der Fläche des abgenommenen Medaillons – hier glattgelegt und aufgenadelt

Unter dem Wappen der Tapezierer wurde das gelbe Fahnentuch inklusive des Unterleggewebes herausgeschnitten. Es gibt keine Belege, wann und warum dies geschehen ist.

Herausgeschnittenes Fahnenblatt unter dem Wappen

Beim Tapeziererwappen wurden die ausgeschnittenen Werkzeuge mit farblich angepassten, relativ dicken Fäden und sehr dicht gesetzten Stichen auf den neuen Träger genäht. Es ergibt sich eine eigene Struktur, die wie eine zusätzliche Stickerei wirkt.

„Aufgestickte“ Motive des Tapeziererwappens

IV. Restaurierung

1. Demontage

Der Befund der folgenden Beschreibung und die während der Demontage gefundenen Nähfäden, die durch beide Baumwollgewebe der Unterlegung gingen, lassen die Vermutung zu, dass bei der ersten Bearbeitung die Fahne möglicherweise nicht vollständig getrennt war.

Entlang des wiederaufgenähten Wappenschildes Rückseite (hier obere Fahnenseite) verlaufen die Fäden durch beide Unterleggewebe.

Zur jetzt vollständigen Demontage der Fahne wird zuerst die Fransenborte abgenommen. Da das Zusammennähen der Fahnenblätter und das Annähen der Fransenborte im Original ein Arbeitsgang war, sind mit Abnahme der Fransenborte auch die Fahnenblätter (untere Fahnenkante und Flugseite) getrennt.

Gemeinsame Naht Fahnenblätter und Franse – originale Naht mit einfachem Faden

Die dritte Seite – die Oberkante mit der „neuen“ Aufhängevariante in Leserichtung – ist durch die Bearbeitung (vermutlich bei erster Restaurierung) anders zusammengenäht. Sichtbar ist die Veränderung durch andere Nähfäden und eine andere Technik des Zusammennähens. Es wurde zuerst der zusätzlich eingenähte Streifen auf das Fahnenblatt genäht. Er sollte möglicherweise zur Stabilisierung der neu platzierten Aufhängung dienen.

Aufgenähter Streifen

Die Fransenborte ist hier mit jeweils einer Naht an jedes der beiden Fahnenblätter genäht. Die Ringe zum Anbringen an der Fahnenstange sind während der ersten Naht auf die Borte gefädelt und während der zweiten Naht mit mehrfach umschlingenden Stichen an das Fahnenblatt festgenäht worden. Hier wurde, wie bei den anderen „Reparaturen“ von Nähten auch, jeweils ein doppelter Faden benutzt.

Fransenborte mit aufgefädeltem Ring
Zweite Fransenbortennaht, Ring befestigt – auch hier der besagte doppelte Faden.

An der vierten Seite (Fahnenstangenseite oder Liek) war doppelseitig je eine Borte mit je zwei gemeinsamen Nähmaschinennähten an die Fahnenblätter genäht. Die äußere Kante wurde zusätzlich von Hand über die Kante zusammengenäht. Bis auf eine Länge von 7 cm war diese Naht original, der Rest wurde wegen der neuen Aufhängung nachgenäht. Für die Restaurierung musste nun die gesamte Borte abgetrennt werden[1].


[1] Das originale Nahtmaterial war allerdings auch hier sehr desolat und musste auf jeden Fall übernäht bzw. ersetzt werden.

Um die Falten glattlegen zu können, muss das unterlegte Baumwollgewebe weitestgehend herausgeschnitten werden. Dadurch kann das Seidengewebe entspannt werden.

Die Stickereien der Medaillons wurden abgetrennt und müssen erneut auf einen neuen Fond genäht werden. Erforderlich ist dies, weil einerseits das Gewebe verzogen ist und die Größe angepasst werden muss – die Fahnenblätter haben nach dem Glattlegen ihre eigentliche Größe wiedererlangt – und andererseits die Aufnähweise das Erscheinungsbild verfälscht hat.

2. Reinigung

Mit einem Mikrosauger wurde der aufliegende Staub abgesaugt. Verfärbungen und Flecken können nicht entfernt werden, sie wirken nicht schädigend auf das Fahnentuch. Eine intensive Nassreinigung ist nicht praktikabel, es wäre nicht nur für die Stickereien schädigend, auch die Pappunterlagen unter den plastisch gestickten Buchstaben würden aufquellen und damit die Stickerei sprengen. Die farbigen Stickfäden könnten ausbluten, fragile Stickfäden ausfallen.

3. Glätten

Um die Fahnenblätter zu glätten, werden diese auf eine Unterlage aufgespannt. Von der Mitte ausgehend sternförmig zum Rand hin werden die Falten ausgestrichen und das Gewebe entlang von Konturen oder Stickereien aufgenadelt. Da unter den Stickereien das unterlegte Baumwollgewebe nicht herausgeschnitten werden kann, wird gegebenenfalls eingeschnitten.

Das Gewebe wird dann mit ganz wenig Feuchtigkeit entspannt und beim Trocknen in der neuen (ursprünglichen) Form gehalten. Die Feuchtigkeit wird mittels eines sogenannten „Kalten Wickels“ (Sympatextuch, leicht feuchtes Filterpapier und Folieabdeckung) aufgebracht. Das Einbringen der Feuchtigkeit dauert ca. eine halbe Stunde. Danach verbleibt das Tuch einige Tage aufgenadelt, um den glattgelegten Zustand zu fixieren.

4. Näharbeit – Stadtwappen

Der beim Aufnähen während der ersten Restaurierung eingeschlagene Rand wurde wieder ausgeklappt. Die Stickerei wurde auf dem neuen Fond ausgerichtet und mit Heftstichen und Marmorsteinen fixiert. Die Ränder, die vom originalen Stickfond stammen, wurden mit Spannstich auf den neuen Fond genäht. Der farbliche Unterschied kennzeichnet die Veränderung.

Wappenbereich aufgelegt, originaler Stickfond ausgeklappt und fixiert

Nach dem Glattlegen der Falten im Tuch ist der Kreisdurchmesser des Stadtwappens auf dem Fahnentuch größer geworden. Der neue Wappenuntergrund wurde bereits angepasst. Die umlaufende Borte musste dementsprechend verlängert werden. Glücklicherweise war der Borteneinschlag groß genug.

Bortenverlängerung – auch hier mit Hilfe von Spannstichen, um lose Fäden festzulegen. Die Schnüre können nicht verlängert werden.

Nach Auflegen des Stadtwappens auf das mit neuem Träger unterlegte Fahnentuch muss es zur besseren Verteilung der Zugkräfte zusätzlich entlang der Konturen aufgenäht werden.

5. Näharbeit – Tapeziererwappen

Die ausgeschnittenen Stickereien wurden auf dem neuen Fond ausgerichtet und fixiert.

Da hier kein Rand vorhanden war, wurden die Stickteile mit farblich angepasstem Nähgarn – im Gegensatz zur vorherigen Version – möglichst unauffällig direkt entlang der Konturen mit über den Rand greifenden Nähstichen aufgenäht. Binnenstiche waren nicht erforderlich.

Werkzeug mit dünnerem, farblich angepasstem Garn aufgenäht.

6. Näharbeit – Fahnenblätter

Beide Fahnenblätter wurden auf die gleiche Weise behandelt. Auch hier wurde das Gewebe auf dem Träger aufgelegt, gewebegerecht ausgerichtet und von der Mitte nach außen gehend mit Heftstichen bzw. Nadeln fixiert. Die Verbindung der beiden Gewebelagen wird mit Vorstichen entlang aller Stickereikonturen, auch hier von der Mitte ausgehend nach außen, hergestellt. Dabei muss immer wieder nachjustiert werden, der Träger darf keinesfalls lockerer als das Fahnentuch werden oder sich verziehen. Danach werden die Risse mit Spannstichen, die in gewisser Weise die verlorengegangenen Fäden ersetzen, festgelegt. Die freiliegenden Fäden werden dabei geordnet.

Vorderseite nach Festlegen mit Spannstichen

7. Näharbeit – Borte

Der desolate Abschnitt wurde mit Seidengewebe unterlegt und mit Crepeline abgedeckt. Die so eingehüllte Borte wurde mit in Linien liegenden Vorstichen in diese beiden farblich passenden Gewebe eingenäht. Dabei wurden die aus dem Webverbund freiliegenden Fäden, soweit dies möglich war, geordnet. Es handelt sich hier um eine Festigung.

Die Borte nach der Einhüllung

8. Montage

Für die anfänglich erwähnte, die Zugkräfte gleichmäßig verteilende Aufhängung, wurde vorsorglich das Trägergewebe am Liek länger zugeschnitten. Das überstehende Gewebe wurde über die Leiste gelegt und festgenäht.

Holzleiste eingenäht, an den vier ursprünglichen Stellen werden Bänder für die Aufhängung eingearbeitet

Die Borten werden auf beide Fahnenblätter separat aufgenäht – die Borte der Rückseite in zwei Linien (entlang des Bortenmusters), die der Vorderseite nur in einer Linie, der unteren. Diese Näharbeit muss von Hand ausgeführt werden, ein Nähen mit Nähmaschine ist nicht möglich, da die Belastung für das restaurierte Objekt zu groß wäre.

Die Platzierung der Borten erfolgt so, dass man zum Schluss die oberen Kanten wieder zusammennähen kann. Zusätzlich sind die eingeschlagenen Kanten der Fahnenblätter mit gegenüberliegenden Stichen (ähnlich Matratzenstich) zusammengenäht.

Zusammennähen der Kanten (Liekseite) der Fahnenblätter

Beim Zusammennähen der oberen Bortenkanten müssen die Stellen für Bänder ausgespart bleiben. Da für den originalen Befund nicht klärbar ist, wie die Ringe angebracht waren, werden nun Metallringe mit durchgezogenen Bändern verwendet. Sie werden an ihren ursprünglichen vier Stellen angenäht.

Nachdem die obere Kante zusammengefügt ist, wird die Fahne an ein Gestell gehängt (sie kann „aushängen“). Die Fahnenblätter werden ausgerichtet und mit kleinen Klammern an den eingeschlagenen Kanten fixiert. Dabei zeigt sich, dass am Einschlag Korrekturen vorgenommen werden müssen, damit die Kanten gleich sind. Dies geschieht, nachdem die Fahne wieder plan liegt. Die ausgeglichenen Kanten werden mit Vorstichen umgeheftet. Die Fransenkante wird um die drei Fahnenkanten gelegt und mit den Klammen gehalten. Dann werden die Fahnenblätter und die Borte in einer gemeinsamen Naht zusammengenäht.

Nadelführung beim Zusammennähen

Die restaurierte Fahne kann nun in Ausstellungen hängend präsentiert werden. Im Depot muss sie staubgeschützt und ausgebreitet liegend im Fahnenregal aufbewahrt werden.