Gastbeitrag von Daniel Ristau

Intervention „Rethinking Stadtgeschichte“ in der Ständigen Ausstellung des Stadtmuseums Dresden

Das Interview ist Teil der begleitenden Blog-Reihe zur Intervention Rethinking Stadtgeschichte: Perspektiven jüdischer Geschichten und Gegenwarten in der Dauerausstellung des Stadtmuseums Dresden 2021/2022. Angesichts der aktuellen Überlegungen zu einem Jüdischen Museum für Sachsen kommen an dieser Stelle Akteurinnen und Akteure, die sich mit dem Thema beschäftigen, Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinden in Sachsen, von Politik und Gesellschaft sowie Expertinnen und Experten mit ihren Standpunkten, Ideen, Kritiken und Perspektiven zu Wort.

Zur Einführung in die aktuelle Museumsdebatte

Fotografie Küf Kaufmann

Zur Person:

Küf Kaufmann wurde in Marx an der Wolga geboren. Er wirkte als Theaterregisseur und arbeitete für Radio, Fernsehen und Presse in Leningrad. 1990 kam er nach Deutschland und ließ sich 1991 in Leipzig nieder. Seit 2005 ist er Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig. Seit dem 28. November 2010 ist er auch Mitglied im Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland. Seine jüdische und migrantische Erfahrung verarbeitete er auf humorvolle Weise in seinem Roman Wodka ist immer koscher (2011).

(1) Was halten Sie von der Idee, ein „jüdisches Museum“ in Sachsen einzurichten?

Die Idee ist eigentlich nicht neu. Ab und zu sprach man darüber, träumte man davon, aber machte keine praktischen Schritte zur Realisierung. Nun ist man wieder in einer Phase des Redens und Träumens. Mal sehen ob man es diesmal schafft, das Museumsprojekt auch tatsächlich umzusetzen.

(2) Wo und wie sollte jüdische Geschichte und Gegenwart zugänglich gemacht werden?

Wir leben im 21. Jahrhundert und obwohl wir über die Geschichte reden, ist unser Blick bei den Museumsdiskussionen in die vor uns liegende Zukunft gerichtet – auf die heutige und zukünftige Generation. Ich finde, dass der digitale Raum, also ein virtuelles Museum, der zugänglichste Raum überhaupt für alle wäre. Aber dieses Museum muss auch vor Ort mit den örtlichen Geschichten verankert sein. 

(3) Was kann und was sollte präsentiert werden?

Die jüdische Geschichte in Sachsen selbstverständlich, konkret die in den einzelnen sächsischen Städten.

(4) Wer soll erreicht werden?

Man muss Menschen erreichen, die die Bedeutung und Wichtigkeit der jüdischen Geschichte für die Entwicklung unseres Landes schon längst aus den Augen verloren haben.

(5) Wenn Sie ein museales Objekt auswählen könnten, das Sie als besonders aussagekräftig für Geschichte und Gegenwart jüdischen Lebens halten, welches wäre das – und warum?

Das ist der Punkt, warum mir die Idee eines virtuellen jüdischen Museums am Herzen liegt. Es soll weniger um die Objekte eines Museums, also Gegenstände, sondern die Menschen mit ihren Schicksalen, Orte des Geschehenen und Ereignisse der Geschichte gezeigt werden. 

(6) Was sollte in der Debatte um ein Jüdisches Museum als nächstes passieren?

Das ist eine gute Frage, fest steht nur: Es MUSS was passieren.

Die Fragen stellte Daniel Ristau

Beispiel einer digitalen Rekonstruktion der 1938 zerstörten Synagoge in Dresden im Rahmen des Projekts gepam.eu (Quelle: Screenshot 2015)
Sammlungsdatenbank des Stadtgeschichtlichen Museums in Leipzig mit Suchergebnissen zum Schlagwort „Synagoge“ (Quelle: Screenshot 2021)